„In katholischen Gewässern fündig geworden“

Evangelische Schwestern des Klosters Wülfinghausen mit Edith-Stein-Preis ausgezeichnet

Göttingen (kpg) – Dass sie den Rummel um ihre Person nicht gewöhnt ist, war Schwester Adelheid Wenzelmann anzusehen. Zu allererst musste sie hörbar durchschnaufen: „So eine Preisverleihung ist aufregend und anstrengend“, so die Äbtisstin des Klosters Wülfinghausen im Landkreis Springe. Gemeinsam mit ihren sechs Mitschwestern nahm die Ordensfrau am Sonntagabend aus den Händen von Dechant Norbert Hübner und dem Vorsitzenden des Edith-Stein-Kreises, Heiner J. Willen, den mit 5 000 Euro dotierten Edith-Stein-Preis im Alten Rathaus von Göttingen entgegen.

Evangelische Schwestern, die ein altes Augustinerinnen-Kloster mit katholisch-ignatianischer Spiritualität wiederbelebt haben – das war dem Kuratorium des Edith-Stein-Kreises die Auszeichnung wert. Und so war das Wort „Ökumene“ das am häufigsten zitierte der Feierstunde. Die Schwestern seien „ein sichtbares Zeichen, dass Ökumene lebendig ist“, so Dr. Monika Pankoke-Schenk, Präsidentin der Edith-Stein-Gesellschaft Deutschland e.V.. „Sie wagen sich aus der Kuschelecke“, lobte Jesuitenpater Vitus Seibel SJ, der aus Berlin angereist war, die Ordensfrauen: „Sie wenden sich an Zweifelnde, Konfessionslose und Konfessionsfremde, sie kategorisieren nicht.“ So hafte ihnen nicht „ein katholisches Geschmäckle“ an, sondern durch ihre Arbeit offenbarten die Schwestern den „Geschmack der gemeinsamen ökumenischen Hoffnung“. Und Eckard Gorka, Abt des Klosters Amelungsborn und Landessuperintendent des Sprengels Hildesheim-Göttingen, bekannte gar: „Wir Evangelische hätten unseren Luther besser lesen sollen.“ Der habe schon in den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts das klösterliche Leben gelobt, während die evangelische Kirche erst seit den 1980er Jahren ihre Klöster als „legitimen Ausdruck des Glaubenslebens“ anerkannt hätten.

Die Schwestern selbst bedankten sich für die Auszeichnung mit Gesang: Eigens für die Preisverleihung hatten sie ein Gebet vertont, das Edith Stein zugeschrieben wird. Als die Ordensfrauen, die der 1949 gegründeten Communität der Christusbruderschaft im oberfränkischen Selbitz angehören, Anfang der 90er Jahre von der Klosterkammer Hannover gebeten wurden, das alte Kloster in Wülfinghausen wiederzubeleben, seien sie schnell „in katholischen Gewässern fündig“ geworden: „Das hat unsere Spiritualität erweitert“, so Schwester Adelheid. Die evangelischen Schwestern machten bei den Jesuiten eine zweijährige Ausbildung zur geistlichen Begleiterin. Seit nunmehr 13 Jahren bieten sie Pfarrerinnen und Pfarrern in ihrem „Haus der Stille“ Gelegenheit zum Auftanken, laden Interessierte gleich welcher Konfession zu Exerzitien, Oasentagen und Stundengebeten ein. Und haben noch weitere Pläne: „Wir träumen von einem Angebot für Jugendliche: Exerzitien und Reiten im Kloster“. In diesen Traum wollen die sieben Schwestern ihr Preisgeld investieren.

Der Edith-Stein-Preis wurde in diesem Jahr zum siebten Mal verliehen, bereits zum fünften Mal waren Verdienste um die Ökumene ausschlaggebend für die Auszeichnung. Zu den bisherigen Preisträgern zählen unter anderem das Maximilian-Kolbe-Werk, Professor Joop Bergsma, die Bruno-Hussar-Stiftung und der Hildesheimer Altbischof Dr. Josef Homeyer.